letzte Kommentare / Könnse den nicht mal vorbeischicken? Hier herrscht PROKRASTINATOR. Lakritze / LOL liuea | |
05
Februar
Das Jahr 2019 endete anders als die bisherigen. Statt in der Victoria Bar eine gemächliche Jahresrückschau abzuhalten und zu verschriftlichen, bestieg ich kurz vor Silvester eine Boeing der Singapore Airlines und flog über Singapur nach Neuseeland. In Christchurch nach 37 Stunden Reise - davon netto 25 Flugstunden - angekommen, war man etwas zermatt. Zum einen erschlug die Effizienz des neuseeländischen Flughafens: Als man aus der Immigration-Befragung raus war, wartete bereits das Gepäck am Gepäckband. Draußen gleißendhelles Licht, frühlingshafte Temperaturen und eine Sauberkeit, wie ich sie noch nie in einer Großstadt sah. Ankunft gegen 13 Uhr im Hotel, ein kleiner Imbiss im Straßencafe, danach ab in die Heia. Das Weibchen stellte sich noch einen Wecker für 23:30 Uhr, um das Silvesterfeuerwerk vom Hotelfenster aus zu betrachten, der Herr schlief kommod 15 Stunden durch und hatte am nächsten Vormittag seinen Jetlag mit weggeschlummert. Man holte dann einen abgerockten Ford Focus mit 156.531 km auf der Uhr von Apex Car Rentals und machte sich auf den Roadtrip. Christchurch - Otago-Halbinsel - Curio Bay - Manapouri - Wanaka - Pine Grove - Okarito - Punakaiki - Collingwood - Havelock - Picton - Wellington - Rotorua - Warkworth - Mangonui - Auckland waren die Schlafstationen, dazwischen erledigte man Tagestouren, wanderte, fuhr Boot und Bus, schaute und staunte. Noch nie war man so weit weg von allem gewesen. Arbeit, Behörden, Familie, Freunde, Feinde - das alles war, mit zwölf Stunden Zeitverschiebung - sprichwörtlich auf dem anderen Ende der Erde, unerreichbar. Gut so. Keine Nacht schlief man weniger als 12 Stunden. Und die Augenringe verschwanden. Man blickte ins Licht, ins Dunkel, in den Schatten, in die Sterne. Sah unberührte Strände, noch nie gesehene Tiere und Pflanzen, undurchdringliche Wälder, schneebedeckte Bergspitzen und Gletscher, weite Ebene und hügelige Hobbit-Landschaften, Geysire und kochende Seen. Die Natur hatte hier das Sagen und man spazierte nur als Gast in ihr herum. Deppen aus der alten Welt sprachen von Flugscham. Dabei schafft ein einziger Neuseeland-Aufenthalt mehr nachhaltiges Umweltgewissen als jede Fahrradtour. Doch diese Rechnung können sie ja alle nicht aufstellen. 18.600 Flugkilometer, 4.500 Autokilometer, 12.500 Euro verbraten. In allen Hinsichten Rekorde. Ganz nebenbei hatte man festgestellt, dass es um die körperliche Fitness nicht zum allerbesten bestellt war. Steile Sandberge bergauf bei Gegenwind von Windstärke 7 und so hellem Sonnenlicht, dass nicht mal die Sonnenbrille reicht - man hatte das alles schon mal zügiger getan. Aber so hatte man wieder Pläne und Ziele. Es gab so viel zu sehen. Jeder Tag war wie ein Adventskalendertürchen. Vier Wochen lang fahren, staunen, laufen, essen, trinken, schlafen - ein Leben ganz ohne Erwerbsarbeit, ohne Computer, zumeist auch ohne aktive SIM-Karte. Auf Du und Du mit einem sehr großen Seelöwen. Auch mal eine Erfahrung. Der Blutdruck normalisierte sich. Der Körper regenerierte sich. Alles wurde leicht und schön. Und man hatte zwei neue, sehr geile Bars kennengelernt.
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